Haushaltsrede 2019 von Regina Perunovic

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
Sehr geehrte Damen und Herren,
auch im Haushaltsjahr 2019 hat die bis Mai diesen Jahres tonangebende große Koalition keine Anstrengungen unternommen, den Schuldenstand zu verringern. Erst nach dem Scheitern der großen Koalition war es endlich möglich, dass die CDU ihrer Überzeugung folgen und sich der seit Jahren bestehenden Meinung der FDP anschließen konnte. Gemeinsam mit FW und den Piraten haben wir von diesem „Fass ohne Boden“, nämlich dem Ankauf der Britensiedlung, Abstand genommen. Insoweit gilt unser ausdrücklicher Dank den genannten Parteien. Gemeinsam haben wir verhindert, dass wir sehenden Auges in die nächste Haushaltssicherung schlittern. Bezüglich Ihrer gestrigen Anwürfe in der Haushaltssicherung, nochmals für Sie Herr Böger: Bis zum heutigen Tage haben wir, trotz mehrfacher Aufforderung, keine belastbaren Zahlen zu den Folgekosten eines Ankaufs erhalten. Auch sind die Belastungen mit Umweltgiften weitestgehend ungeklärt. Eine Untersuchung des Bodens, auf dem sich die Garagen befinden, ist bislang nicht erfolgt. Wir befürchten dort eine Verseuchung des Bodens mit Altöl oder ähnlichen Schadstoffen.
Einen weiteren Erfolg konnten wir, wenn auch erst im zweiten Anlauf, hinsichtlich des W-Lans an den Schulen verzeichnen. Schade nur, dass nicht mehr alle Schüler, die heute noch die Schulen besuchen, hiervon profitieren werden.
Ein weiteres Highlight war für uns die Aufforderung der CDU an die Verwaltung, Einsparungsvorschläge zu unterbreiten. Dies war ein wichtiges Signal in die richtige Richtung, verlief allerdings ohne nennenswerte Ergebnisse. Ich weiß nicht, ob die Verwaltung nicht will oder nicht kann? Wir hätten durchaus Vorschläge gehabt. Man bräuchte sich nur unsere alten Anträge zu den jeweiligen Haushalten der letzten Jahre wieder vor Augen führen! Wir hatten z.B. zum Haushalt 2019 beantragt, die Pauschalansätze um 50 % zu kürzen, damit eine gewisse Selbstdisziplin bei den Ausgaben stattfindet. Leider wurde unser Antrag, wie auch alle anderen Sparvorschläge in den vorherigen Jahren, abgelehnt. Sie möchten also weiterhin auf Kosten nachfolgender Generationen, den Haushalt der Stadt Bad Salzuflen belasten!
Ich weiß, Sie werden uns entgegenhalten, dass wir viele kostenträchtige Entscheidungen mit getragen haben. Natürlich sind wir dafür, dass die Kinder in Bad Salzuflen in Schulen untergebracht werden, die den heutigen Ansprüchen genügen. Nicht nachvollziehbar ist allerdings, weshalb wir in diesen Dingen immer ständig hinterher hinken und nicht sukzessive Instandhalten und Modernisieren und so lange warten, bis man das Gefühl hat, die Schule bricht zusammen. Oder warten wir immer darauf, bis endlich Fördergelder bereit stehen, um dann die notwendigen Arbeiten vorzunehmen? Oder warten wir erst auf Fördergelder und schauen dann, wie wir sie hier in Bad Salzuflen verwenden können? Auch sind wir natürlich dafür, dass die Feuerwehr, entsprechend den Standards, mit einer neuen Feuerwehrwache ausgerüstet wird. Ich weiß, dass sie es nicht mehr hören wollen, aber wir hätten das Ganze billiger haben können, wenn wir mit dem Kreis zusammen gebaut hätten.

Überhaupt kein Verständnis aber haben wir dafür, dass z.B. der Ratssaal in einen Multifunktionssaal umgebaut werden soll. Viel wichtiger wäre es vielmehr, nachdem in der Vergangenheit der Umbau der Konzerthalle in eine multifunktionale Konzerthalle gegen die Stimmen der FDP verhindert wurde, wenigstens das Kurhaus multifunktional und im Sinne des Gesundheits- und Tourismuskonzeptes zu nutzen. Das soll allerdings nicht heißen, dass die Parkstraße in Gänze zum urbanen Gebiet erklärt wird.
Ein weiterer Kostenfaktor ist das Vita Sol. Seit Jahren verweigern wir jegliche Zustimmung zu den baulichen Maßnahmen am und im Vita Sol. Dies aus gutem Grund, wie wir meinen; denn die Investitionen sind höher als die Pachteinnahmen. Das Vita Sol ist allenfalls ein Imagefaktor, weitere Synergien sind bislang nicht nachgewiesen. Das Vita Sol belastet seit Jahren den städtischen Haushalt. Es wird Zeit diesem finanziellen Desaster endlich ein Ende zu setzen. Vermutlich werden wir aber erst dann einen Käufer für das Objekt finden, wenn es von Grund auf, selbstverständlich auf Kosten der Stadt Bad Salzuflen, saniert ist. Ich hoffe nur, Sie haben dann das Durchsetzungsvermögen, die bis dahin getätigten Investitionen dem Käufer in Rechnung zu stellen.
Die Überlegung, innerhalb der Britensiedlung Flächen anzukaufen, um sie dann wieder dem freien Markt zuzuführen, wird von uns nicht grundsätzlich abgelehnt. Es fehlt uns der Glaube, dass es der Verwaltung gelingen wird, dieses Areal gewinnbringend an den Markt zu bringen. deshalb können wir Ankäufe mit dem Ziel, Wohnungsbau, sei es nun sozialer Wohnungsbau und sonstigen geförderten Wohnungsbau zu verwirklichen, nicht befürworten. Bislang konnten wir jedenfalls nicht erkennen, dass wirtschaftliches Denken hinter dem gewünschten Ankauf der Britensiedlung gestanden hat.
Als ich mich daran gemacht habe, diese Haushaltsrede zu schreiben, hatte ich zum Schluss doch noch wenigstens ein Lob an die SPD zu verteilen. Auch Sie haben sich das Feld der Wirtschaftsförderung, nach langen Jahren der Enthaltsamkeit, erschlossen, als Sie den Hotelanbau am Vita Sol als Thema in die Diskussion eingebracht haben. Gut gemacht, meine Damen und Herren von der SPD! Nur, mit dem Hotel hört Wirtschaftsförderung nicht auf. Wenn man aber den Gewerbetreibenden auf der kürzlich stattgefundenen Veranstaltung der IHK im Messezentrum zugehört hat, scheint das in Bad Salzuflen der Fall zu sein. Auch hier besteht erhöhter Verbesserungsbedarf. Wenn von den 1300 angeschriebenen Gewerbetreibenden unter 100 antworten, dann war entweder die Fragestellung zu kompliziert oder die Gewerbetreibenden haben die Hoffnung auf Verbesserung längst aufgegeben. Wir haben immer noch die Hoffnung, dass wir ab Januar 2020 die Wirtschaftsförderung erfolgreich beleben, damit endlich die Gewerbebetriebe, die wir so dringend brauchen, nicht weiter abwandern und neue Gewerbebetriebe hinzukommen. Denn das Geld für die sozialen Wohltaten, die Sie gerne verteilen, muss vorher verdient werden.
Angesichts der gestrigen Enthaltung der SPD hinsichtlich des Wirtschaftsplans des Staatsbades muss ich mein eben genanntes Lob an Sie leider etwas relativieren. Sie verkennen völlig die wirtschaftliche Bedeutung des Staatsbades für unsere Stadt. Sie vergessen bei Ihrer Kritik völlig, dass sich das Staatsbad, nett ausgedrückt, in einem „Dornröschenschlaf“ befunden hat, als wir uns gemeinsam, auf Anregung der FDP, für eine neue, extern zu suchende Geschäftsführung entschieden haben. Tatsächlich war das Staatsbad in einem maroden und heruntergekommenen Zustand. Das Marketing beschränkte sich im Wesentlichen auf das

Gastgeberverzeichnis und auf Werbung in der Zeitschriftenbeilage „Prisma“ Gemeinsam mit der Verwaltung und dem Aufsichtsrat haben wir in einer Klausurtagung begonnen, uns auf dem Weg zu machen, das Staatsbad neu aufzustellen. Ich kann mich sehr gut daran erinnern, dass die SPD an dieser Klausurtagung teilgenommen und die dort getroffenen Entscheidungen auch mit getragen hat. Es gab darüber hinaus Workshops, gemeinsam mit der Fachöffentlichkeit. Es hat einen breiten, abgestimmten Konsens für die Neuausrichtung des Staatsbades gegeben. Dass das Staatsbad auf einem guten Weg ist zeigt schon, dass es viele Nachahmer gibt, die sich die Innovationen des Staatsbades abgucken und zu eigen machen. Sie, meine Damen und Herren von der SPD, verweigern auf der Zielgeraden Ihre Zustimmung. Sagen Sie bitte, an welcher Stelle kann und soll das Staatsbad mehr Einnahmen generieren. Sie wollen den kostenlosen Zutritt zum Kurpark. Sollen die Anwendungen im Vitalzentrum teurer werden? Soll die Kurtaxe erhöht werden? Das Staatsbad wird sich Ihren zielführenden Anregungen sicherlich nicht verschließen.
Wir haben in den vergangenen Jahren den Haushalten nie zustimmen können, weil wir immer der Meinung waren, dass an keiner Stelle auch nur ansatzweise Einsparungen umgesetzt wurden und keine Anstrengungen unternommen wurden, die Einnahmen zu erhöhen. In diesem Jahr haben wir erstmalig einen Doppelhaushalt, wie viele andere Kommunen auch.
Wir verkennen nicht, dass die Verwaltung und die politischen Gremien im zweiten Jahr von aufwendigen Haushaltsplanaufstellungs- und beratungsverfahren entlastet werden, was im Hinblick auf einen möglichen Wechsel der Verwaltungsleitung einen Vorteil darstellen könnte. Es ergibt sich auch für die zwei Jahre eine dementsprechende Planungssicherheit. Die Verwaltung weiß für zwei Jahre im Voraus, was sie zu tun hat. Auch für Ausschreibungen im Hoch- und Tiefbaubereich bieten sich Vorteile, da Ausschreibungen früher vorgenommen und Baumaßnahmen entsprechend früher begonnen werden könnten. Hierdurch könnten ggf. auch bessere Ausschreibungsergebnisse erzielt werden. Dies allerdings nur dann, wenn es uns auch endlich gelänge, die Ausschreibungen in der Art und Weise zu gestalten, dass die ausführenden Unternehmen nicht anschließend höhere Rechnungen stellen, als vorher kalkuliert und im Haushalt eingestellt.
Der Nachteil eines Doppelhaushaltes liegt vor allem in der zum Zeitpunkt der Haushaltsplanaufstellung relativ großen Planungsunsicherheit für das zweite Planjahr. Steuerschätzungen, Erkenntnisfortschritte bei Projekten und Schwerpunkten des Investitionsprogramms etc. können zu erheblichen Veränderungen führen. Die Daten zur Berechnung der Zuweisungen aus dem kommunalen Finanzausgleich, die eine der bedeutensten Erträge der Stadt darstellen, liegen nach unserem Erkenntnisstand regelmäßig erst im November eines Jahres vor, so dass die Erträge im zweiten Haushaltsjahr nur grob geschätzt werden können. Für das zweite Haushaltsjahr liegen weder Orientierungsdaten noch Zahlen aus der Steuerschätzung vor.
Das Erfordernis eines Doppelhaushaltes wurde uns mit der Tatsache begründet, dass es im kommenden Jahr Wahlen gibt und der neue Rat dann zu wenig Zeit hätte, sich mit dem Haushalt 2020 zu beschäftigen und zu beschließen. Das wäre ein nachvollziehbares Argument, wenn Sie davon ausgehen, dass die Zusammensetzung des neuen Rates aus Personen besteht, die hier vorher allesamt nicht gesessen hätten. Davon ist allerdings eher nicht auszugehen. Auch darf man den Personen, die neu hinzukommen werden, schon jetzt unterstellen, dass sie sich mit der

Stadt Bad Salzuflen bereits beschäftigt haben, ansonsten wäre ihre Kandidatur eine Farce. Wir sprechen den zukünftigen neuen Ratsmitgliedern, quasi im vorauseilenden Gehorsam, jedenfalls nicht die Kompetenz ab, sich mit dem Haushalt 2020 aus eigener Sachkunde zu beschäftigen und darüber zu entscheiden.
Nach Abwägung aller Vor- und Nachteile sehen wir mehr Nachteile für einen Doppelhaushalt. Insbesondere aber haben wir Vertrauen in die Kompetenzen des neuen Rates, unabhängig davon, wer der neue/alte Verwaltungsvorstand sein wird. Wir lehnen daher den Doppelhaushalt ab.
Nach alledem bleibt mir nur noch, Ihnen allen eine schöne Adventszeit, besinnliche Weihnachten und alles Gute für das kommende Jahr zu wünschen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
Regina Perunovic


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